Hallo Mawa!
Mawa1105 hat geschrieben:Das mit den Dichtungen mag ja stimmen, ich verstehe nur nicht wieso? Gibt es irgendwen, der das mal untersucht hat?
Es ist ein relativ einfacher Mechanismus: Gummi, auch die Dichtlippe der Wellendichtringe, neigt als Werkstoff geringer Dichte, unter Öleinfluss zur Quellung. Quellung bedeutet, dass das Öl in den Dichtungswerkstoff eindringt, dadurch vergrößert sich dessen Volumen und die Festigkeit nimmt ab. Vergleichbar etwa mit einem in Wasser gelegten Gummibärchen. Die Qualität des Öls bestimmt dabei den Grad der Quellung. Im Fall Motoröle ist es so, dass mineralische Öle eine höhere Quellfähigkeit haben als synthetische, das hängt wiederum mit der Zusammensetzung von mineralischen Ölen aus vielen unterschiedlichen Molekülarten und der der synthetischen Öle aus eigentlich nur einer Molekülart zusammen.
Spielt auch keine Rolle, jedenfalls quellen die Dichtungen, vergrößern also ihr Volumen und müssen sich daher elastisch und plastisch, wie das bei Kunststoffen halt ist, an den fest vorgegebenen Einbauraum bzw. die Wellengeometrie anpassen. Der plastische Anteil bewirkt eine bleibende Deformation, die nicht mehr zurückfedert. Ein anderer Einfluss ist der verstärkte Abrieb an den Stellen, die durch die Quellung reibend stärker gegen die Welle gepresst werden.
Wenn nun zuerst das Öl mit der stärkeren Quellung, hier mineralisch, verwendet wird, passt sich die Dichtung bleibend an den zur Verfügung stehenden Raum an und schrumpft dann unter dem Einfluss des weniger stark quellenden Öls, hier synthetisch. Wenn die verbliebene Elastizität ausreicht, den zum Abdichten nötigen Druck der Dichtlippen auf die Welle auch im deformierten Zustand weiterhin aufzubringen, bleibt die Stelle dicht. Insbesondere bei schon älteren Dichtungen klappt das aber nicht und man hat eine erhöhte Leckage.
Wenn eine neue Dichtung mit dem synthetischen Öl verwendet wird, passt sie sich, etwas weniger stark, ebenfalls an die Quellung an, aber es passiert nichts. Auch, wenn danach auf mineralisch, also stärkere Quellung, gewechselt wird, passt sie sich nochmals an und es passiert wieder nichts. Nur umgekehrt kann ein Problem sein.
Im Laufe der Zeit wurden auch immer bessere Dichtwerkstoffe verwendet, die auch weniger quellen, Viton zB. gegenüber Chlorkautschuk. Bei alten Motoren sind da aber noch Werkstoffe im Einsatz, wo das Quellen eine große Rolle spielt. Bei ganz alten Motoren war sogar die Bildung von Ölkohle hinter den Dichtungen fest einkalkuliert, um eine gute Abdichtung zu erreichen, weil man sie sowieso nicht verhindern konnte. Die neuen Öle haben aber meist eine hohe Reinigungswirkung, die diese Ablagerungen ebenfalls abbaut und damit zu vermehrter Undichtigkeit beiträgt.
Mawa1105 hat geschrieben:Die Freigaben sind ja auch für die Dichungen gültig oder? D.h. wenn die altem Dichtungen nicht halten würden, würde die Freigabe für alte Motoren nicht erteilt?
Die typischen Freigaben der alten Motoren wurden teilweise wieder zurückgezogen und geändert, zB. VW-Werknorm 50101 im Jahr 2004/2005. Und wie gesagt, im Neuzustand der Dichtungen ist es meist sowieso kein Problem.
Gruß,
Tiemo